Um eines gleich vorweg zu nehmen: Es gibt Fußballspiele und es gibt Pokalkracher. Einen letzteren bekamen am vergangenen Samstag im beschaulichen Bühlerzell bedauerlicherweise nur wenige Zuschauer zu sehen, als die Ü32-Teams der TSG Waldenburg und der Gastgeber im Viertelfinale des Bezirkspokales aufeinandertrafen.

Gästecoach Markus Röser plagten herbe Personalsorgen, so dass er sich zu einem ungewöhnlichen Manöver entschied: Zwischen die Pfosten trat nach elfjähriger Abstinenz im Tor Hans-Michael Stark, was allerdings zur Folge hatte, dass das Mittelfeld und auch die Defensive durch dessen Fehlen merklich geschwächt wurden. Folglich stellten sich die Waldenburger sehr kompakt mit Viererkette und nur einer Sturmspitze auf, um gegen die technisch und taktisch versierten Sportfreunde Bühlerzell die Räume dicht zu machen und auf Konter zu lauern.
Die Gastgeber hingegen waren von Anfang an bedacht zu zeigen, dass sie die Begegnung früh für sich entscheiden wollten. In der Abwehr vertrauten sie einer Dreierkette, das Mittelfeld bildete eine variable Raute und im Sturm tauchen immer mal wieder zwei bis drei Akteure auf.
Trotzdem gestaltete sich die Anfangsphase sehr zerfahren. Bühlerzell drängte oft über die Flügel, konnte aber keine nennenswerten Torchancen verbuchen; Waldenburg beschränkte sich auf Kick-and-rush, blieb aber ebenso wirkungslos.

Nach 20 Minuten stolperte ein Bühlerzeller Spieler gekonnt im gegnerischen Strafraum über ein Waldenburger Bein; der Elfmeterpfiff ließ nicht lange auf sich warten. Stark ahnte zwar die Ecke, konnte jedoch den placiert kraftvoll getretenen Schuss nicht abwehren. Mit diesem 1:0 im Rücken beschränkten sich die Bühlerzeller allerdings nicht aufs Mauern. Nach wie vor drängten sie in Richtung des Waldenburger Tores. Doch konnte gerademal sechs Minuten später Abwehrchef Matthias Klotz einen gegnerischen Angriff abfangen und schnell umschalten. Einen öffnenden Pass in die Mitte auf den flinken Sturmtank Matthias Kärcher nutzte dieser unnachahmlich, ließ Verteidiger und Torhüter aussteigen und markierte den 1:1 Ausgleichstreffer.

Dies schmeckte den Gastgebern überhaupt nicht, die in der Folgezeit betont aggressiv und rüde das Spielgeschehen zu diktieren versuchten. Zwar erspielten sie sich einige Torgelegenheiten, doch scheiterten sie entweder am Ball, an sich selbst oder am Waldenburger Schlussmann. In der Endphase der ersten Halbzeit taten es ihnen die Gäste aus dem Bergstädtchen gleich und glänzten mit unausgegorener Abschlussschwäche vor dem gegnerischen Keeper.

Trainer Markus Röser schwor während der Halbzeitansprache ungewohnt beherrscht seine Mannen auf die zweite Hälfte ein. Er verdeutlichte ihnen, dass heute einiges noch möglich wäre. Und demzufolge ging er mit gutem Beispiel voran und zimmerte kurz nach Wiederanpfiff einen direkten Freistoß aus ca. 30 Metern geradewegs zur Waldenburger 2:1 Führung in die Bühlerzeller Maschen.

Die Gastgeber waren ob dieses Treffers nun erstmal derart konsterniert, dass sich den Waldenburgern Chancen boten, den Spielstand zu erhöhen. Allerdings machten sie zu wenig aus ihren Gelegenheiten und die Gastgeber bekamen wieder Oberwasser. Spielzug um Spielzug erhöhten sie den Druck auf die Waldenburger Abwehr. Der Gästekeeper hatte alle Hände voll zu tun und wurde dann jedoch überwunden, nachdem ein gegnerischer Stürmer am Fünfmeterraum freistehend den Ball von außen quergelegt bekam und zum 2:2 Ausgleich abstauben konnte.

Nun waren die Gastgeber wieder in ihrem Element, grätschten und foulten und unterbanden jeglichen Spielfluss der TSG-Senioren. Dieses aggressive Pressing zeigte dann Wirkung und ein missglückter Abstoß konnte von den Bühlerzellern abgefangen und zur 3:2 Führung genutzt werden. Spätestens ab diesem Treffer mussten die Waldenburger reagieren und das Spiel öffnen, denn nur ein Sieg versprach im Pokalwettbewerb das Erreichen des Halbfinales. Die Viererkette wurde aufgelöst und die Außenverteidiger wagten sich nun bis zum Bühlerzeller Strafraum vor, während Spielmacher Kurosch Stabel mit Matthias Kärcher teilweise den Sturm bildete und die Innenverteidigung bis über die Mittellinie agierte. Ein solches Spiel mit offenem Visier bot dem Gegner naturgemäß Konterchancen, welche die Bühlerzell auch immerwieder suchten. In dieser Phase spielten die Waldenburger mehrere Male hervorragend auf Abseits, doch erkannte dies der Schiedsrichter nicht und aus einer dieser Fehlentscheidungen erwuchs dann sogar das 4:2 zugunsten der Bühlerzeller, nachdem spiegelbildlich zum vorangegangenen Treffer ein gegnerischer Spieler frei vor dem Waldenburger Keeper zum Abschluss gekommen war.

Nun tickte die Uhr unerbittlich; den TSG-Senioren blieben nur noch 25 Minute bis zum Schlusspfiff und sie warfen weiterhin alles nach vorne und hofften, der Schiedsrichter möge nun endlich ihre Abseitsfallen auch als solche erkennen, was hingegen nicht der Fall war. Doch konnte Hans-Michael Stark jegliche Bemühmungen der Gastgeber, ihren Vorsprung auszubauen, verhindern. Dem Publikum bot sich nun ein ungewohntes Bild, die Gäste waren die spielbestimmende und ~beherrschende Mannschaft, während sich die Gastgeber aufs Mauern, Verwalten und Kontern beschränkten.

Aus dieser erdrückenden Waldenburger Überlegenheit resultierte dann folgerichtig auch der 3:4 Anschlusstreffer, nachdem mal wieder der Mittelstürmer Matthias Kärcher sich im gegnerischen Strafraum behaupten konnte und den Ball ansatzlos ins Eck des Bühlerzeller Tores drosch.
Die Gastgeber glaubten nun, in den verbleibenden zehn Minuten die Begegnung clever nach Hause schaukeln zu können und stellten sich mit Mann und Maus hinten rein. Allerdings bewiesen die Waldenburger Gästespieler gerade in dieser Phase, dass sie weder sich noch die Partie vorzeitig verloren gaben. Mit der Wendigkeit eines Pirmin Zurbriggens zu seinen besten Zeiten umkurvte Kurosch Stabel wenige Minuten vor dem Schlusspfiff an der gegnerischen Strafraumgrenze drei Bühlerzeller Verteidiger und bediente den in die freie Gasse stürmenden Matthias Kärcher vorbildlich. Dieser fackelte nicht lange und netzte beherzt zum 4:4 Endstand ein.