Schicksalsspiel folgt auf Schicksalsspiel; so könnte man die restliche Saison der Ü32-Senioren der TSG Waldenburg kurz umreißen. Im Keller der Tabelle stehend zählen für die Kicker vom Balkon Hohenlohes nur noch eines: Punkte. Dementsprechend motiviert gingen die Alten Herren gegen das Team aus Pfedelbach am Mittwoch, dem 29. Mai, auf heimischem Platze zu Werke.
Von Beginn an spielten die Hausherren ein hohes Tempo und agierten mit zwei Sturmspitzen vor den beiden Viererketten. Pfedelbach legte sein Spiel variabler an, und setzte mit einer 3-5-2 Formation vor allem auf die Überlegenheit im Mittelfeld und seine schnellen Stürmer. Fast schon schien in den Anfangsminuten das Waldenburger Konzept Früchte zu tragen, Pfedelbach stand oft sehr tief in der eigenen Hälfte und bereits in der 4. Minute hatte Manuel Benna die 1:0 Führung auf dem Fuß, als er mustergültig von Marc Beißwenger bedient wurde, jedoch den Ball aus wenigen Metern frei vor dem gegnerischen Keeper über das Tor schoss. Waldenburg war in der Anfangsphase die dominierende Mannschaft und praktizierte studienartig Pressing, während die Pfedelbacher lediglich auf Kontermöglichkeiten lauerten.
Allerdings zeigte sich gerade darin die Gefährlichkeit der Gäste und die Schwäche der Hausherren. Letztere vermochten das Umschalten von Angriff auf Verteidigung nur unzureichend zu praktizierten; es fehlte beim Spiel zurück die Zuordnung zum Gegenspieler, lange und hohe Pässe der Pfedelbacher Mannschaft überwanden die zu starren Viererketten der Waldenburger ein ums andere Mal. Als unschöne aber logische Konsequenz dessen gingen die Gäste nach 15 Minuten in Führung; nach einem Eckball stieg ein ungedeckter Pfedelbacher keine fünf Meter vor dem Waldenburger Kasten am höchsten und konnte unbedrängt zum 0:1 einnicken. Als sei dies den Platzherren keine Lehre gewesen, spielten sie nun viel zu fahrig. Nur zwei Minuten später überwanden die Gäste mit wenigen Stationen das Waldenburger Mittelfeld und plötzlich standen drei Gästestürmer frei vor dem Waldenburger Tor, 0:2. Diesen Schock mussten die TSG-Senioren erst einmal verdauen, sie spielten jedoch nun verhaltener, während die Pfedelbacher zu ahnen schienen, dass heute für sie einiges drin sein könnte.
In der 25. Minute bot sich für die Hausherren die Riesenchance, den Anschlusstreffer zu erzielen, doch Iyiola Eniola Gogo vergab vor des Gegners Tor. Für Pfedelbach war dies ein Weckruf, denn sie verschärften nun ihrerseits das Spiel und setzten konsequenter den Waldenburgern nach. Das Spiel nahm dadurch merklich an Fahrt auf, doch waren es die Gästekicker, die daraus Profit schlagen konnten. Immer und immer wieder kamen die Pfedelbacher zu Torchancen und nach einer halben Stunde Spielzeit klingelte es erneut im Waldenburger Tor, nachdem abermals ein hoher Ball seinen Weg in den Waldenburger Strafraum fand, dort jedoch kein Verteidiger sondern ein Stürmer energisch zum Kopfball hochstieg und dankbar zum 0:3 vollstreckte.
Die TSG-Senioren fielen nun in eine kollektive Schockstarre. Die Gäste hatten ihr Rezept gefunden: Hohe Bälle aus der eigenen Abwehr droschen sie ins Mittelfeld, denn dort waren sie dank ihrer Aufstellung meist mit einem Mann mehr vertreten. Ein schneller Ball auf einen der beiden Stürmer, der meist noch von einem offensiven Mittelfeldmann unterstützt wurde und schon war die Waldenburger Viererkette in arger Bedrängnis. Torhüter Flegler wurde somit zum am häufigsten beschäftigten Waldenburger. Glücklicherweise nutzten die Pfedelbacher ihre Chancen unzureichend. Bis kurz vor dem Halbzeitpfiff symptomatisch ein Gästestürmer über außen dribbelte, nach innen flankte und dort mangels Zuordnung ein Pfedelbacher freistehend das 0:4 markieren konnte.
Nach der Pause hätte ein Ruck durch das Team der Platzherren gehen müssen, doch sie standen anfangs wie das Kaninchen vor der Schlange. Pfedelbach war spielbestimmend, setzte seine Tormöglichkeiten hingegen nicht in Zählbares um. Doch plötzlich, in der 48. Minute, passte Kurosch Stabel auf den los sprintenden Andreas Küstner, der im direkten Zug zum gegnerischen Tor den Pfedelbacher Schlussmann überwinden konnte. Nur noch 1:4, könnte da noch was gehen? Ältere Semester unter den Zuschauern erinnerten sich wehmütig an die Begegnung des 1. FC Kaiserslautens gegen den FC Bayern München am 20.10.1973, als die Pfälzer gegen das Starensemble nach 57 Minuten abgeschlagen mit 1:4 hinten lagen, die Partie jedoch fulminant drehten und am Ende mit 7:4 für sich entscheiden konnten. Doch heuer? Auch Waldenburg suchte nun seine Chancen, fand einige sogar, blieb jedoch im Abschluss zu zaghaft, zu harmlos.
Es fehlte der entscheidende Drang zum Tor, das Spiel der Hausherren war insgesamt zu statisch, zu einfaltslos. Just als nun ein Stürmen und Drängen der TSG-Senioren erfolgen müsste, agierten die Gäste nach bewährtem Muster. Ein hoher und weiter Ball wurde in die Richtung des Waldenburger Tores geschlagen, ein schneller Pfedelbacher Stürmer setzte nach, Torhüter und Verteidiger verkalkulierten sich und schon stand es 1:5. Eigentlich wäre dies aus Waldenburger Sicht ein guter Zeitpunkt gewesen, jegliche Gegenwehr einzustellen.
Die restlichen 20 Minuten hätten sie sich mit elf Mann hinten rein stellen können und das Ergebnis wäre nicht verschlimmert worden. Aber die Waldenburger zeigten Moral, ein feiges Mauern lag ihnen fern. Nur zwei Minuten nach dem Pfedelbacher Treffer setzte sich der eingewechselte Markus Wanner flink über links durch und schlug eine maßgeschneiderte Flanke in des Gegners Strafraum, wo sich Hans Michael Stark am höchsten schraubte und wuchtig zum 2:5 einköpfte. Als seien neue Kräfte erwacht, begannen die Platzherren plötzlich Angriffsfußball zu spielen. Unermüdlich bearbeitete Kurosch Stabel die linke Seite, schlug Flanke um Flanke in den gegnerischen Strafraum, doch leider fanden diese keinen Abnehmer. Der aufmerksame Leser ahnt schon, was dann passierte.
Zehn Minuten vor Ende der Partie wurde abermals die Waldenburger Abwehr mittels eines hohen Balles überwunden, ein Pfedelbacher Außenstürmer kam zum Flanken, im Waldenburger Strafraum war niemand beim Torschützenkönig der Liga aus Pfedelbach, welcher bequem zum 2:6 köpfen konnte. Doch noch immer lief der Ball heiß durch die Reihen, von Altherrenfußball Marke Uwe Seeler Traditionsmannschaft war nichts zu sehen. Joe Mogler sah in der 76. Minute, dass Marc Beißwenger zum Spurt ansetzte und steckte das Leder durch die Pfedelbacher Reihen. Beißwenger fackelte nicht lange und zog an der Strafraumlinie ins kurze Eck zum 3:6 ab. Doch die Gäste wollten nichts anbrennen lassen. Nur zwei Minuten danach „the same procedure as every year“. Hoher Ball auf außen, Flanke in den Waldenburger Strafraum (diesmal tief), zwei Pfedelbacher Stürmer vier Meter frei vor dem Keeper, 3:7 Endstand.